Das Verwaltungsgericht Minden hat mit Urteil vom 15.02.2017 (7 K 2774/14) eine Krankenkasse zur Offenlegung des Arzneimittelrabatts verurteilt, der mit einer Arzneimittelherstellerin im Rahmen eines Open-House-Verfahrens vereinbart war. Der Arzneimittelwirkstoff steht auf der sogenannten Substitutionsausschlussliste.
In §§ 129, 130 sowie 130a SGB V finden sich Regelungen zu sogenannten Rabattverträgen, die sicherstellen sollen, dass die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung stets das preisgünstigste Arzneimittel erhalten. Dies führt nicht selten zu wettbewerbs-, verwaltungs- und sozialrechtlichenrechtlichen Streitigkeiten, insbesondere zur Frage der Offenlegung des Arzneimittelrabatts.
Das sogenannte Open-House-Verfahren stellt ein Verfahren dar, bei dem der öffentliche Auftraggeber (Krankenkasse) zu vorher vorgegebenen Konditionen mit allen intressierten Unternehmen kontrahieren will. In der Regel geht es hierbei um Lieferbedingungen und Preise der Arzneimittelversorgung. Im Gegensatz zu den sonstigen Ausschreibungsverfahren sind in dieser besonderen Verfahrensart die strengen vergaberechtlichen Vorschriften, insbesondere zur Ausschreibungspflicht, nicht anzuwenden (vgl. EuGH, Urteil vom 02.06.2016, Rechtssache C-410-14).
Unter Substitutionsausschluss versteht man dass Arzneimittelwirkstoffe nicht durch wirkstoffgleiche Substanzen ausgetauscht werden können. Hintergrund ist auch hier, dass die Arzneimittelabgabe grundsätzlich zu den wirtschaftlich günstigsten Konditionen erfolgen soll und der Arzt im Einzelfall anzugeben hat, wenn das von ihm verordnete Medikament nicht durch ein wirkstoffgleiches Präparat ausgetauscht werden darf. Nach § 129 Abs. 1a SGB V hat der Gemeinsame Bundesausschuss in den Arzneimittelrichtlinien zu bestimmen, wenn Arzneimittel nicht durch wirkstoffgleiche Präparate ausgetauscht werden dürfen. Diese Festlegungen des Gemeinsamen Bundesausschusses stellen letztlich die sogenannte Substitutionsausschlussliste dar.
Ein Apotheker hatte auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes die Offenlegung des Arzneimittelrabatts für einen Wirkstoff eingefordert, der von der Substitution durch ein wirkstoffgleiches Präparat ausgeschlossen ist. Der zugrundeliegende Rabattvertrag war im Jahr 2013 ohne Bieterwettbewerb im Open-House-Verfahren mit einer Laufzeit von 2 Jahren geschlossen worden. Andere Marktteilnehmer konnten diesem Vertrag jederzeit beitreten.
das Verwaltungsgericht entschied, dass dem jedermann zustehenden Informationsanspruch keine Ausschlussgründe entgegenstünden. Der vertraglich vereinbarte Rabattsatz stelle kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis des pharmazeutischen Unternehmers dar und erlaube keine Rückschlüsse auf dessen Kalkulationsgrundlagen. Zudem sei auch das wirtschaftliche Interesse der gesetzlichen Krankenversicherung nicht beeinträchtigt, da aufgrund des gewählten Verfahrens (Open-House) keine wettbewersrechtliche Bedeutung für zukünftige Rabattverträge vorliegt.
Die wirtschaftliche Betätigungsweise von Ärzten und Apothekern bedingt es, dass auch die Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und allem voran unter Vermeidung von unwirtschaftlicher Arzneimittelversorgung erfolgt. Das Urteil des VG Minden zeigt erneut, dass die Beteiligten am Gesundheitssystem durchaus die Möglichkeit haben, die wirtschaftliche Betätigungsweise marktorientiert auszurichten und sich über einige Formen von Arzneimittelrabatten informieren und weitrecihende Auskünfte einfordern können. Die Entscheidung folgt beispielsweise der Entscheidung des OVG Magdeburg vom 31.05.2016 – 3 L 314/13, die letztlich auch bestätigte, das eine Auskunftspflicht des Arzneimittelrabatts der Krankenkasse im Einzelfall bestehen kann, wenn der zugrundeliegende Rabattvertrag nicht nach den Regularien des öffentlichen Vergaberechts abgeschlossen wurde.