Einsatzkräfte sollen im Falle eines Unfalls in kurzer Zeit den Unfallort erreichen. Bei einer Einsatzfahrt auf Seitenstreifen einer Autobahn und nachfolgendem Unfall, kann der Fahrer des anderen Fahrzeuges alleine für die unfallbedingten Schäden haften (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.03.2016 – 1 U 248/13).
Im Februar 2012 kam es zu einem Verkehrsunfall. Der PKW der Klägerin fuhr im Stau vom mittleren auf den rechten Fahrstreifen, zwischen zwei LKW. Der PKW kam hierbei auf den Seitenstreifen, wo sich ein Einsatzfahrzeug der Polizei mit Blaulicht näherte. Die Fahrzeuge kollidierten miteinander. Die Klägerin verlangte vom Land Schadenersatz für die Beschädigung des PKW.
Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg. Abgesehen davon, dass der Fahrer des Kläger-PKW einen Fahrstreifenwechsel vornahm und bereits aufgrund dessen einer erhöhten Sorgfaltspflicht unterliegt, gegen die er verstieß, kommt eine Mithaftung auch nicht deshalb in Betracht, weil der Kläger nicht mit einem fahrenden Einsatzfahrzeug auf dem Seitenstreifen hätte rechnen müssen.
Die Polizei ist nach § 35 Abs. 1 StVO von den Vorschriften der StVO befreit, soweit es zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Die Einsatzfahrt war dringend geboten, um eine Unfallstelle auf der Autobahn zu erreichen. Der Einsatzbefehl an eine Polizeistreife rechtfertigt grundsätzlich den Einsatz von Sonderrechten (vgl. u.a. OLG Frankfurt, NZV 2016, 426). Hierbei genügt bereits die Nutzung von Blaulicht, ohne dass das Martinshorn eingeschaltet ist (vgl. § 38 Abs. 2 StVO).
Die Befreiung der Einsatzfahrzeuge von der StVO gilt nicht grenzenlos, denn die Erfordernisse der Verkehrssicherheit haben stets Vorrang vor dem Interesse des Einsatzfahrzeuges am schnellen Vorwärtskommen. Den Sonderrechtsfahrer treffen höhere Sorgfaltspflichten, je stärker er von den Vorschriften der StVO abweicht. Allerdings ist das Einschalten des Blaulichts bereits ein hinreichend deutliches Signal für die übrigen Verkehrsteilnehmer, dass diese nicht mehr mit einem normalen Verkehrsablauf gerechnet werden kann (so auch OLG Koblenz, NJW 2004, 1180).
Im zu entscheidenden Fall hat das OLG Frankfurt a.M. festgestellt, dass sich der Fahrer des Polizeifahrzeuges korrekt verhalten hat, indem er mit eingeschaltetem Blaulicht auf dem Seitenstreifen am Stauf vorbeifuhr, um eine Unfallstelle zu erreichen. Gleichzeitig stelle das OLG Frankfurt a.M. fest, dass zwar erhöhte Sorgfaltspflichten an den Fahrer des Einsatzfahrzeuges zu stellen sind, aber die Sorgfaltspflichten jedes Fahrzeugführers beim Fahrstreifenwechsel im konkreten Fall schwerer wiegen, so dass dieser alleine für die Kollision verantwortlich zeichnet.
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